Weshalb Gestalterische Nachhaltigkeit wichtiger ist als Materielle Nachhaltigkeit
Natürlich bei Neubauten, aber insbesondere bei einem Abriss mit Ersatzneubau beschäftigt mich die Frage, inwiefern die Architektur nicht nur materiell, sondern gestalterisch Nachhaltig sein kann.
Ich verfechte die Meinung, dass ein Ersatz für ein Abgerissenes Gebäude ebenso gut, und sogar besser sein sollte. Dabei meine ich auf einer gestalterischen Ebene, wir reden hier nicht von Technik. Gestalterisch muss es ein ‚Upgrade‘ geben, sonst ist der Abriss ein Verlust. Aus nachhaltiger Sicht ist es am besten, wenn auch das neue Haus möglichst lange genutzt wird. Dies passiert in meinen Augen insbesondere durch gestalterische Nachhaltigkeit.
Was ist Gestalterische Nachhaltigkeit?
Du kennst sicher Materielle Nachhaltigkeit. Holzbau anstatt Beton oder Backsteine, Holzwolle statt Steinwolle, weniger Schadstoffe in Baumaterialien etc. Dies alles bestimmt, wieviel Graue Energie in deinem Gebäude steckt und sagt etwas zum ökologischen Fussabdruck aus. Es ist auf jeden Fall richtig, bei Architektur auf nachhaltige Materialien zu achten.
Was aber passiert, wenn dein mit nachhaltigen Materialien gebautes Haus nach einem Jahr oder nach 10 Jahren wieder abgerissen wird? Die Materialien landen in der Bauschutt-Deponie, alle graue Energie und auch alle verwendeten Arbeitsstunden für die Planung und Ausführung der Handwerker sind vergebens investiert worden. Denn ein Gebäude sollte schon länger als 1 oder 10 Jahre bestehen, oder nicht?
Wie kann man Architektur nachhaltig gestalten?
Und wie gestaltest du ein Haus gestalterisch Nachhaltig? Die schlechte Nachricht: es ist schwierig. Viel schwieriger, als gar nicht erst darüber nachzudenken. Aber du bist ja nicht hier, weil du vor so etwas zurückschreckst. Die gute Nachricht: Es lohnt sich auf allen Ebenen. Quasi eine Win-Win-Situation. Du bekommst bessere Architektur, die dir besser gefällt und auch in Zukunft sinnvoll genutzt werden kann. Eine gute Investition also. Plus, du erfreust Dich jeden Tag an den guten Entscheidungen, die du in diesem Prozess gefällt hast. Es gibt eine lange Liste an Dingen, die man machen kann, aber hier sind ein paar ausgewählte, die mir besonders wichtig erscheinen:
- Gleich grosse Räume planen und dafür sorgen, dass diese unabhängig voneinander erschließbar sind. Dadurch sind bei einem Nutzungswechsel viele neue Konfigurationen denkbar: Ein Büro, eine Praxis, eine Kleinwohnung, oder sogar ein Kindergarten.
Man denke daran, dass heute in Stadtwohnungen diese am meisten gefragt sind, wo die Küche als separater Raum vom Wohnzimmer abgetrennt ist. Eine Wohnküche funktioniert gut für Wohnen. Aber eben keine anderen Nutzungen.
- Qualitativ gute Referenzen verwenden, insbesondere für die Fassade. So wird das Gebäude optisch ‚angenommen‘ und in der Umgebung integriert. Ein schönes Gebäude (ja ich weis, dieses Wort ist in der Architektur leider gächtet) bleibt einfach länger stehen, weil sich die Leute dafür einsetzen. Und schön heisst eben auch: bekannte Elemente aus etablierten Referenzen verwenden.
- Nicht ‚zeitlose‘, sondern natürliche Farben und Materialien verwenden. Jede Generation hat andere Vorstellungen davon, was als ‚zeitlos‘ gilt. Einmal waren es Pastell-Farben, einmal ist es Alpin-weiss und Zironengelb. Natürliche Materialien und Farben hingegen können nicht aus der Mode gehen.
- Diese Liste ist ein Work-in-Progress 🙂