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Tiny House Planung in drei Schritten

Inhaltsverzeichnis

TLDR (Too long, didn’t read): Ich setze voraus, dass Du weisst, was Du willst. Hast Du diesen Schritt noch nicht gemacht, lies jetzt den Artikel ‚Der erste und wichtigste Planungsschritt‚.
Im ersten Schritt der Tiny House Planung triffst Du ein erstes Mal alle grossen Entscheide, die das Projekt betreffen. Dann hast Du einen ersten Entwurf, den Du in einem zweiten und dritten Schritt überarbeitest. Diese Schritte nenne ich Idee, Vorschlag und eigentliche Planung. Wenn Du im Baugewerbe zuhause bist, kennst Du diese Schritte vielleicht als Machbarkeits-Studie, Vorprojekt und Bauprojekt (Ausschreibung und Ausführung).
Folgst Du diesen Schritten, minimierst Du Planungsfehler und maximierst Deine Zufriedenheit mit dem fertigen Projekt! Mit der Planung beginnst Du im Stadium Idee, nicht schon im detaillierten Projekt.

Der Planungsprozess

Die Planung – egal es sich um ein sehr kleines oder sehr grosses Projekt handelt – ist leider keine schnurgerade Kette an Entscheidungen. Sondern ein stetes Ping-Pong zwischen den jeweiligen Themen, mit Nachjustierung und Kompromissen. Jeder Entscheid beeinflusst die anderen Themen. Wenn Du z.B. die Küchenzeile im Grundriss verschiebst, hat das Einfluss auf die Fassade und auf die Technik. Ein Materialwechsel hat Einfluss auf die Grundsätze der Raumordnung, des Gesamteindrucks.
Ein Entscheid muss immer von allen Themen ‚abgesegnet‘ werden. Die Idee muss also zuerst im Grundriss und in der Fassade getestet werden, bevor sie entschieden werden kann.

Architektieren_Skizze_039 Planungsprozess Tiny House Planung

Dies gilt für alle Ebenen des Prozesses, im Stadium Idee genauso wie bei Vorschlag und Planung. Der Unterschied dabei ist, dass Du unterschiedlich detaillierte Entscheide untersuchst:

  • Im Ideen-Stadium geht es erst grob um die Wagenlänge (3 oder 10 Meter?), oder z.B. den Entscheid WC: ja oder nein.
  • Im Vorschlag-Stadium geht es dann um eine genauere Wagenlänge (5.5m oder 6.0m? Passt noch ein Küchenelement rein oder nicht?) und um die Frage, ob Du eine Trenn- oder Wassertoilette wählst.
  • Im Projekt-Stadium hast Du schon Abklärungen gemacht uns weisst, dass die optimale Länge deines Wagens bei 6.35m liegt – das richtige Chassis hast Du auch schon gefunden. Und Du weisst das genaue Modell der Toilette, die Du einbauen willst – inklusive aller technischen Details.

Die Dreimal-fertig-sein-Strategie

Wie Du bemerkt hast, bedeutet das, dass Du dein Projekt drei Mal untersuchst, aber in unterschiedlichen Detaillierungs-Graden. Dieser Ansatz wird in fast allen Kreativbranchen in der einen oder anderen Art verfolgt und ist die professionelle Herangehensweise an komplexe Projekte. Nur ein Profi hat von Anfang an genug Hintergrund-Wissen, um sofort in ein detailliertes Projekt einzusteigen. Wenn Du schon mehrere Tiny Häuser gebaut hast, kannst Du vielleicht schnell eine Konzept-Skizze zeichnen, und dann direkt das konkrete Projekt beginnen. Ich gehe aber davon aus, dass das bei Dir nicht der Fall ist. Also bleiben wir beim professionellen Ansatz.

Ich bin ein Fan von einem kleinen schwarzen Buch names ‚50 Erfolgsmodelle – Kleines Handbuch für strategische Entscheidungen‘ von Mikael Krogerus und Roman Tschäppeler. In diesem Buch gibt es eine Entscheidungs-Strategie, welche die Autoren das ‚Resultatoptimierungs-Modell‘ nennen. Ich nenne es der Einfachheit halber die ‚Dreimal-Fertig-Sein-Strategie‘. Diese Strategie deckt sich auch mit einem professionellen Planungsprozess.

Zusammenfassen kann man diesen Ansatz vielleicht so: Du kannst nur etwas verbessern, wenn es etwas gibt. Etwas, wo Du dann verbessern kannst. Triffst Du sofort detaillierte Entscheide ist das Risiko gross, dass dieser detaillierte Entscheid im Konflix mit etwas ist, was Du aber schon im Idee-Stadium hättest entscheiden müssen.

Ein Beispiel: Du hast im Internet gelesen, dass es neue, supereffiziente Solarzellen gibt. Du willst sie haben! Du kontaktierst den Hersteller und fragst ihn um Rat. Er macht Dir natürlich sofort ein Angebot. Damit die Solarzellen effizient genug sind, musst Du aber mindestens 15m2 abdecken, sagt der Hersteller. Bisher war dein Tiny Haus aber nur für ca. 13m2 Dachfläche (ohne Kamindurchstoss etc.) ausgerichtet. Du vergrösserst Dein Tiny Haus auf 15m2 – was alles bisher gezeichnete über den Haufen wirft. Wenn du unbedingt Solar möchtest, musst du im ersten Schritt klären, was die Voraussetzungen dafür sind.

Wieso nicht sofort detailliert planen?

Ein Beispiel: Du bestellst Dir bei Zalando eine Anzugs-Kombination mit Hemd und Krawatte, alles drum und dran. Sobald du die Sachen daheim anziehst merkst Du, dass die Kombi irgendwie komisch aussieht. Dass es aber nicht passt konntest du erst wissen, weil du es angezogen hast. Und so ist es auch beim bauen. Ein Schach-Profi kann vielleicht eine Partie schon im Kopf zu Ende spielen, aber in der Kreativ-Branche ist das nicht plausibel. Während der Planung werden ständig Änderungen gemacht, das ist leider unvermeidlich.

Deshalb ist es wichtig, dass du alle Entscheide schon mal ausprobierst – oder zumindest sehr ausführlich durchdenkst. Und da das mit den 1000 Entscheidungen, die im Laufe eines Tiny House Projektes zu treffen sind nicht sinnvoll ist, brechen wir es auf diese drei Schritte herunter. Zuerst werden die wichtigsten Entscheidungen ‚durchgedacht‘. Dann die Zweit-Wichtigsten. Und zum Schluss die Details

Du kannst nur etwas beurteilen und verbessern, was schon da ist!

Aus Erfahrung weiss ich, dass die letzten 10% eines jeden Projektes die schwierigsten sind. Man kam bisher gut voran, und plötzlich fängt es an zu harzen. Die letzten Entscheide müssen getroffen werden, irgendwie passt aber noch nicht alles zusammen und du fürchtest dich davor, zum Schluss ein Produkt zu haben, mit welchem du nicht ganz zufrieden bist.

Es ist besser, wenn Du gleich zu Beginn viele ‚falsche‘ Entscheidungen triffst. Diese kannst Du problemlos ändern. Wenn erst zum Schluss die letzten Entscheidungen ‚falsch‘ sind, ist eine Änderung um ein vielfaches mühsamer.

Je erfahrener Du bist, desto mehr Zeit kannst Du prozentual auf die letzte Phase investieren. Wahrscheinlich sieht es bei einem Anfänger etwa so aus: 15% Idee, 20% Vorschlag und 65% Planung. Je besser ausgearbeitet Deine Idee und Dein Vorschlag sind, desto schneller kommst Du dann auch in der Planung voran. Es ist aber essentiell, dass du gleich am Anfang die wichtigen Entscheide machst, denn da hast du noch am meisten Einfluss.

Wünsche Potential Architektieren

Phase 1: Idee

Du beginnst per Default bei der Idee. In diesem Stadium macht es keinen Sinn, die Produktblätter von einem spezifischen WC zu studieren, oder jeden Tag die Wagenlänge um einen cm mehr oder weniger anzupassen. Mit solchen detaillierten Recherchen verschwendest Du Deine Zeit.

In dieser Phase konzentrierst Du Dich darauf, Deine Wünsche in eine physische Form zu bringen. Es wird weit weg von Perfekt sein, das muss Dich aber in dieser Phase nicht kümmern!

Phase 2: Vorschlag

Nach der Idee folgt der Vorschlag. Der Vorschlag sollte so ausgearbeitet sind, dass all Deine Wünsche erkennbar sind. Mit dem Vorschlag kannst Du zum Beispiel zu einem professionellen Wagenbauer oder einem Unternehmer gehen, um Dir bei Bedarf Unterstützung zu holen.

Wie weiss ich denn, ob ein Entscheid gut ist? Mein früherer Arbeitgeber ist ein brillanter Entwerfer, aber er benötigt auch viel Zeit, um definitive Gestaltungsentscheide zu fällen. Oft haben wir lange über ein Detail diskutiert, ohne zu einem eindeutigen Ergebnis zu gelangen. Ich habe ihn mal gefragt, wie er denn weiss, wann ein Entscheid ‚gut‘ ist. Seine Antwort:

„Gute Entscheidungen sind die, bei denen Beides ja dazu sagt: die Vernunft und das Bauchgefühl.“

Phase 3: Planung

Das Ziel der Planung ist es lediglich, Deine vorher getroffenen Entscheide in physische Produkte und konkrete Materialien umzuwandeln. Wenn Du Deine Arbeit in den vorhergehenden Phasen ordentlich gemacht hast, solltest Du hier auch nicht mehr grosse Projekt-Änderungen machen müssen.

Hier hängt alles davon ab, ob du deine Tiny House Planung selber machst oder nicht. Wenn du es machen lässt: Hol dir mit deinem Vorschlag mindestens drei Offerten ein von verschiedenen Anbietern oder Herstellern. Hier findest du einen ausführlichen Artikel, wie du die Offerten einholen kannst, wie du mit den Herstellern am besten verhandelst und welche Fragen du stellen sollst, + Checkliste zum Download.

Wenn du vorhast, das Projekt auf einene Faust anzugehen möchte ich dir raten, bei Unsicherheiten Fachpersonen zu befragen, z.B. zur Statik, und sämtliche Technischen Installationen – wenn du selber keine Erfahrung hast.

Fazit Tiny House Planung in drei Schritten

Eine gute Planung ist das A und O für jedes Tiny-House-Projekt. Wenn Du den Drei-Phasen-Ansatz – Idee, Vorschlag und Planung – verfolgst, arbeitest Du Dich Schritt für Schritt voran und wirst immer detaillierter. So kannst Du Fehler vermeiden und sicherstellen, dass Du mit dem Ergebnis am Ende wirklich zufrieden bist. Es ist wichtig, dass Du nicht zu früh ins Detail gehst, sondern zuerst die groben Entscheidungen triffst. Diese bilden die Grundlage für alles Weitere und helfen Dir, später unnötige Änderungen zu vermeiden. Plane lieber von Anfang an mit Bedacht und in klaren Schritten – so bleibst Du flexibel und kannst Dein Projekt ohne große Kompromisse umsetzen.