Welche Arten von Sichtbeton gibt es?
Die Arten von Sichtbeton – sprich sichtbarem, nicht gestrichenen oder verputztem Beton – wird in verschiedene Schalungstypen unterteilt. Grundsätzlich ist Sichtbeton eine teure Oberfläche, und wird teurer, je mehr Arbeit involviert ist. Im konventionellen Wohnungsbau arbeitet man mit den Schalungstypen 2 bis 4. Je höher die Zahl, desto teurer die Oberfläche.
Für alle Schalungstypen gibt es Normen und Vorgaben, wie genau das Resultat aussehen muss, welche Art der Schalung verwendet wird, wie die Bindlöcher aussehen und ob nachbearbeitet wird oder nicht.
Fun Fact: Früher war die Bretterschalung die günstigste, heute ist sie die teuerste Option
Früher war die einfache Bretterschalung eine der günstigsten Schalungstypen – entsprechend oft sieht man sie auch bei Brutalistischen Gebäuden – z. B. der Förderer-Kirchen aus den 70er Jahren. Heute sieht das anders aus. Grosse Peri-Schalungen #notsponsored ermöglichen grossflächigen Sichtbeton, wohingegen eine Bretterschalung (welche viel Handarbeit erfordert) eine der teuersten Schalungsarten ist.


Schalungstyp 2
Schalungstyp 2 ist einer der verbreitetsten Schalungstypen im normalen Wohnungsbau. Dieser Schalungstyp ist eigentlich nicht als Sichtbeton gedacht. Dabei werden zum Beispiel die gelben Beton-Schalungsbretter oder grossflächige Peri-Schalungen verwendet (wo die Bindlöcher schon schön symmetrisch sind) für eine ziemlich glatte Oberfläche.
Schalungstyp 2 ist eigentlich nicht für Sichtbeton gedacht
Aber: Man hat keine Kontrolle über das Fugenbild und muss mit der Einteilung Vorlieb nehmen, die den Baumeistern gerade passt. Die Stossfugen zwischen den Schalungen können breit sind. Es kann auch sein, dass Schalungen in den Ecken ‚zusammengestückelt‘ werden, was dann ein bisschen unschön aussieht.

Trick für günstigen, schönen Sichtbeton: Schalungstyp 2+
Beim letzten Projekt unseres Büros haben wir uns für eine Zwischenlösung entschieden: Wir wollten saubere Sichtbetonwände, aber waren nicht bereit, den Preis für Schalungstyp 4 zu zahlen (und SO schön musste es dann auch nicht wieder sein…). Also haben wir Schalungstyp 2+ ausgeschrieben. Das hiess in diesem speziellen Fall, dass mit normalen Schalungen und wo möglich mit grossen Peri-Schalungen gearbeitet wurde, ohne dass wir Kontrolle über Fugeneinteilung oder das Schalungsbild hatten. ABER der Baumeister musste die Peri-Schalungen zu Beginn neu belegen.
Der Baumeister musste die Schalungen zu Beginn neu belegen
Da die Baumeister die gleichen Schalungen bei jedem Geschoss wiederverwenden, haben die neu beschlagenen Peri-Schalungen natürlich bei jedem Geschoss ein wenig mehr ‚gelitten‘, aber zum Schluss war es dann nicht so schlimm.






Schalungstyp 3
Der Schalungstyp 3 ist dafür gemacht, Ansprüchen für sichtbaren Beton, also Sichtbeton, gerecht zu werden. Die Ansprüche sind um Einiges höher als für Schalungstyp 2, es wird aber noch mit normalen ‚gelben‘ Schalungsbrettern geschalt, wenn nicht anders ausgeschrieben. Die Richtung der Bretter soll parallel, und der Farbton einheitlich sein.

Schalungstyp 4
Sichtbeton mit Schalungstyp 4 ist eine Luxus-Oberfäche für Kontrollfreaks, und auch entsprechend teuer. Im normalen Wohnbau wird es deshalb vermieden – ausser z.B. in den repräsentativen Treppenhäusern von Mehrfamilienhäusern. Sonst ist Schalungstyp 4 eher etwas für öffentliche Gebäude: Schulen, Museen, Bibliotheken etc.
‚Für Kotrollfreaks‘, weil: Du hast bei Schalungstyp 4 die Entscheidungsgewalt über Alles. Wo die Fugen sind, welche Brettergrössen verwendet werden, was mit den Bindlöchern geschieht etc. Es gibt sicherlich Praktikanten in Architekturbüros, welche tagelang nur Schalungspläne gezeichnet haben…
Schalungstyp 4 erkennt man daran, dass die Oberflächen nahezu perfekt sind. Das heisst fast immer, dass sie nachbearbeitet wurden. Die Fugen sind gereinigt, allfällige Beton-‚Suppe‘, die runterläuft gewaschen etc. Die Bindlöcher sind symmetrisch angeordnet und sauber verspachtelt (oder mit einem Stopfen versehen).
Bei diesem Beispiel für Schalungstyp 3 oder 4 (PBZ Bibliothek Schütze, Zürich), handelt es sich anscheinend um grosse Schalungsbretter mit aufgenagelten Einzelbrettern. Eigentlich eine elegante Lösung. So bekommt man die Optik von der heute teuren Bretterschalung, mit einem viel einfacheren System. Ein bisschen so wie bei günstigem Mehrstabparkett… Ich wäre neugierig, wie oft die Bretter wohl ausgewechseln werden mussten (da diese nach einigen Anwendungen nicht mehr so schön sind…) Aber ich hätte gesagt, dass das auf jeden Fall als Schalungstyp 3+ oder 4 zählt. Du darfst mir gerne eine Email schreiben wenn du es besser weisst 🙂



Option: Eingefärbter Beton
Etwas sehr cooles ist eingefärbter Beton. Beton ist notorisch schwierig im Nachhinein noch zu ‚färben‘, ohne ihn gleich deckend zu überstreichen. Glaubt mir, wir haben es versucht! Viel einfacher wäre es, den Beton schon vorher einzufärben. Dies verlangt natürlich nach Tests und Mustern, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Und wahrscheinlich ist es sogar dann nicht Risiko-frei. Aber ich finde man sieht den Unterschied und es lohnt sich!
Speziell texturierte Oberflächen können schlecht gestrichen werden. So auch in unserem Beispiel für eingefärbten Beton an der Hardbrücke in Zürich.



Sichtbeton No-Go’s
Beton-Suppe
Was passiert wenn es in das frisch betonierte Geschoss regnet? Die Beton-‚Suppe‘ mit ein bisschen Rost-Zusatz läuft über den Sichtbeton und hinterlässt seine Spuren. Ist aber alles entfernbar.



Lunker und Kiesnester
Dies ist bei gewissen Schalungs-Anforderungen nicht mehr zugelassen und müsste ausgebessert werden. In diesem Beispiel war es nur Schalungstyp 2, entsprechend kein Problem, weil der Beton später verputzt wurde. Für Sichtbeton wäre es ein No-Go.

